Mittwoch, 3. März 2010


Die Freie Frauenbewegung, der demokratische Konföderalismus und die Frauenräte
Basisorganisierung in Kurdistan und hier


Seminar für Frauen
27.03.2010

12–18 Uhr
mit Kinderbetreuung

"Ich bin nicht frei, solange eine einzige Frau unfrei ist, auch wenn sie ganz andere Fesseln trägt als ich. Ich bin nicht frei, solange noch ein einziger farbiger Mensch in Ketten liegt. Und solange seid auch ihr nicht fre
i!" (Audre Lorde)

Frauen gemeinsam

In den 1990er Jahren, als die kurdische Frauenbewegung immer stärker wurde, gab es in Europa viel Interesse an dieser Bewegung. Gemeinsame Komitees wurden etwa von kurdischen und deutschen Frauen gegründet, ein intensiver Austausch fand statt.
Mit der Neustrukturierung der kurdischen Bewegung Ende der 1990er Jahre riss der Kontakt jedoch fast ab. Die neue Linie konnte schlecht vermittelt werden. Inzwischen ist dieser Prozess der zivilen Organisierung u.a. in Volksräten und Frauenräten jedoch sehr weit fortgeschritten.
Die Frauenbewegung Kurdistans möchte diesen Prozess verständlich machen und sich über die Erfahrungen austauschen.
Welche Bedeutung hat diese Entwicklung hier für uns in Europa, welche Erfahrungen werden hier mit Basisorganisierung gemacht? Wie wird die Geschlechterfrage hier diskutiert, wie in Kurdistan? Welche Möglichkeiten und Notwendigkeiten gemeinsamer Kämpfe gibt es…

Die demokratische freie Frauenbewegung (DÖKH)

Die Demokratische Freie Frauenbewegung wurde von hunderten Frauenaktivistinnen in verschiedenen Bereichen, einschließlich zivilgesellschaftlicher Organisationen, Frauenorganisationen, Jugendorganisationen, politischer Parteien und Lokalregierungen in der Türkei gegründet. Den zentralen Widerspruch des 21. Jahrhunderts sieht sie in der Ungleichheit der Geschlechter und setzt sich ein gegen Rassismus, Nationalismus, Militarismus, Sexismus, Umweltzerstörung und die Ausbeutung der Arbeitskraft ein.
Zu diesem Zweck hat die DÖKH im Jahr 2003 die Entscheidung getroffen, Frauen in Kurdistan, welche in sozialen, kulturellen, politischen u.a. Bereichen tätig sind, unter einem Dach zu vereinen, um verschiedene Projekte zu zentralisieren und die Arbeit der Frauen sichtbar zu machen.
Die DÖKH hat eine bedeutende Rolle nicht nur für kurdische Frauen, sondern für alle Frauenbewegungen in der Türkei. Sie kommt mit verschiedenen Frauenorganisationen und Bewegungen in der Türkei zusammen, die sich mit Frauenproblemen auf jeder Ebene beschäftigen und sie entwickelt Solidarität und Zusammenarbeit. Diese Solidarität und Zusammenarbeit hat zum Frauenrechtskampf einen Beitrag geleistet und Dynamik in die Frauenbewegungen in der Türkei gebracht.

Die Frauenräte

Ziel von den Räten, die in allen Stadtteilen und vielen Städten von der DÖKH gegründet wurden oder noch werden, ist die Teilhabe der Frauen an Entscheidungsprozessen.
So werden in den Stadtteilräten die Probleme der Frauen vor Ort besprochen, an die örtlichen Verhältnisse angepasste Lösungsmodelle erarbeitet, Forderungen aufgestellt. Über Frauen der DTP die auch in den Frauenräten vertreten sind, werden die Forderungen der Frauenräte in die politischen Strukturen, wie zum Beispiel Gemeinderäte getragen. In den Frauenräten sind sowohl Frauenorganisationen, darüber hinaus sind Frauen verschiedener Berufssparten und Hausfrauen darin vertreten. Es ist ein Modell, welches Menschen ermöglicht direkt an Entscheidungsprozessen teil zu nehmen. Darüber dienen die Stadtteilräte auch als Kontrollinstanz derer, die gewählt wurden und die die Menschen in den politischen Gremien vertreten sollen. Die DÖKH will die Bildung von Frauenräten zukünftig auch verstärkt in den Dörfern, den ländlichen Gebieten unterstützen.

Die Veranstaltung

Eine Vertreterin der Freien Frauenbewegung wird den Hintergrund der Bewegung darstellen, eine Vertreterin der DÖKH aus Kurdistan soll die aktuelle Situation im Land und den Stand der Basisorganisierung in Kurdistan vorstellen. Vertreterinnen der kurdischen Frauenbewegung hier in der BRD bzw. Hamburg stellen ihre Arbeit vor. Danach wollen wir gemeinsam diskutieren, wie wir diese Kämpfe zusammenbringen können, wie wir voneinander lernen und uns austauschen können, welche gemeinsamen Projekte es geben kann.

Im April 2009 musste die regierende AKP in der Türkei eine empfindliche Wahlschlappe vor allem in den kurdischen Gebieten der Türkei hinnehmen. Zahlreiche Kommunen und Städte wurden fortan von der DTP regiert. Die AKP Regierung quittierte dieses Selbstbewusstsein und die Wahlerfolge der DTP im Frühsommer 2009 zunächst mit einer, seit 1993 beispiellosen, Repressionswelle. Mehr als 1000 politisch Aktive wurden innerhalb kurzer Zeit in Gewahrsam genommen, 500 von ihnen inhaftiert. Unter ihnen befanden sich viele führende FunktionärInnen der DTP, AnwältInnen, StudentInnen und Frauenaktivistinnen. Nachdem im Sommer eine breite Diskussion für eine politische Lösung in der Türkei enstand kippte die Stimmung am Ende des Jahres wieder. Im Dezember 2009 wurde die DTP verboten und 37 PolitikerInnen Politikverbot erteilt. Viele Verhaftungen folgten. Abgeordnete der DTP und die BürgermeisterInnen traten kurz darauf der Barış ve Demokrasi Partisi (BDP) bei, um ihre Arbeit fortzusetzen. Die Verhaftungswelle hält unvermindert an. Bei den auf das Verbot folgenden Massenprotesten erschossen und misshandelten „Sicherheitskräfte“ und Paramilitärs eine Vielzahl von Menschen.

Veranstalterinnen:
Nûjiyan Frauenzentrum e.V.
In Kooperation mit der rosa luxemburg stiftung hamburg rls


Die Veranstaltung wird unterstützt von: AG LISA (Die Linke)

Die Veranstaltung wird gefördert vom kirchlichen Entwicklungsdienst im (NMZ)

Kontakt: nujiyan@nadir.org