Die Demokratische Freie Frauenbewegung (DÖKH)

Aus einem Flyer der Demokratischen Freien Frauenbewegung (DÖKH):
Übersetzung aus dem Englischen

Die Demokratische Freie Frauenbewegung (DÖKH) ist eine Bewegung, die von Hunderten kurdischen Frauenaktivistinnen gegründet wurde, die in der Türkei in den verschiedensten Bereichen arbeiten, so auch in zivilgesellschaftlichen, Frauen- und Jugendorganisationen, politischen Parteien und Kommunalverwaltungen.
Für die DÖKH ist der grundlegenste Widerspruch des 21. Jahrhunderts die Ungleichheit der Geschlechter. Rassismus, Nationalismus, Militarismus, Sexismus, Umweltzerstörung und die Ausbeutung der Arbeitskraft sind Ausgangspunkte für Kämpfe.
In einer Welt, in der es der Frau an Willenskraft fehlt, versucht die DÖKH ein humanes System, ein eigenes System, eigene Gedanken und eine eigene Praxis für Rechte und Freiheit aufzubauen.
Mit der Überzeugung, dass Demokratie, Ökologie und Freiheit der Sexualität eine Lösung für die Probleme der Menschheit darstellt, kämpft die DÖKH für Gleichheit der Geschlechter und ist in allen gesellschaftlichen Schichten organisiert, um die Maxime von Gleichheit und Freiheit zu erreichen.

Die DÖKH ist sich der Bedeutung von organisierten Frauenbewegungen im Kampf gegen die Herrschenden, gegen rassistische, nationalistische und militaristische Ideologien, die zur Unterdrückung von Frauen führen, bewusst. Mit diesem Bewusstsein hat die DÖKH ihren Kampf für Demokratie, Gleichheit, Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit begonnen. Mit diesem Ziel und um die verschiedenen Projekte zusammenzubringen und die Arbeit der Frauen sichtbar zu machen, traf die DÖKH 2003 die Entscheidung, kurdische Frauen, die in sozialen, kulturellen, politischen und anderen Bereichen tätig sind, unter einem Dach zu vereinen. Die DÖKH hat ihre Energie, Kraft und Arbeit mit der von Frauen in zivilgesellschaftlichen Organisationen, in unabhängigen Frauenvereinen und in anderen gesellschaftlichen Bereichen verbunden, um gegen das männlich dominierte System zu kämpfen.

Die DÖKH geht davon aus, dass alle Ungleichheiten auf die Ungleichheit zwischen Mann und Frau zurückzuführen sind. „Als kurdische Frauen gehen wir voran, indem wir das Unsere mit den Erfahrungen und dem Wissen der Weltfrauenbewegung verbinden. Im 21. Jahrhundert stärken organisierte Frauen den Kampf für Demokratie, Gleichheit, Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit.“

Die Mitglieder der DÖKH fechten die soziale Geschichtsschreibung an, die die Geschichte des Frauenwiderstandes gegen Ungleichheit als eine Geschichte schreibt von Frauen, die ans Haus gefesselt sind.
Die DÖKH spielt nicht nur für kurdische Frauen eine bedeutende Rolle, sondern für alle Frauenbewegungen in der Türkei. Die DÖKH beschäftigt sich mit jeglichen Frauenproblemen und arbeitet in Solidarität zusammen mit verschiedenen Frauenorganisationen und -bewegungen in der Türkei. Diese Solidarität und Zusammenarbeit leistet einen wichtigen Beitrag zum Kampf für Frauenrechte und bringt Dynamik in die Frauenbewegungen in der Türkei.


ZIELE UND GRUNDSÄTZE:
  • Die DÖKH hat einen strategischen Zugang zu Frauenkämpfen und bezieht sich auf Frauenbefreiungsideologien zur Lösung sozialer Probleme.
  • Die DÖKH definiert als fundamentale Grundsätze für Frauenbefreiungsbewegungen eine freie Identität der Frauen und unabhängige Frauenorganisation.
  • Ihr Kampf gegen das männlich dominierte System basiert auf einem ursprünglich weiblichen Organisationsmodell, welches von der männlichen vorherrschenden Denkweise und seinem Organisationsmodell weiterentwickelt wurde.
  • Gegen den Mechanismus, der Nationen, Klassen und Ethnien vermännlicht und an die Probleme der Frauen geht die DÖKH aus ihrer Position als unterdrücktes Geschlecht, Nation, Klasse und Ethnie und aus der Perspektive einer Frauenbefreiungsbewegung heran.
  • Die DÖKH erachtet die demokratische Lösung des Kurdenproblems als Grundlage für ein friedliches Zusammenleben der Menschen und einen sozialen Frieden.
  • Die DÖKH ist gegen staatlich-hierarchische Strukturen.
  • Ihre Weltanschauung ist die einer demokratischen ökologischen Gesellschaft und sexuellen Befreiung.
  • Sie hat das Ziel, den Willen der Menschen nach Demokratie aufzuzeigen.
  • Ihre Organisationen agieren auf Grundlage basisdemokratischer Werte.
  • Ihre Organisationen sollen unabhängige Frauenorganisation innerhalb demokratischer konförderaler Strukturen sein.
  • Die DÖKH kämpft auf demokratischer Linie gegen alle Arten von Übergriffe gegen Frauen, Gewalt und Verletzung der Rechte und übt ihr Recht der legitimen Selbstverteidigung aus.
  • Die DÖKH achtet die Rechte aller Frauen aus unterschiedlichen Regionen, Klassen, Nationen, unterschiedlichen Glaubens, sexueller Orientierungen und ethnischer Herkunft.
  • Um Gleichheit zu erreichen und um sich gegen Sexismus, Nationalismus, Ungleichheit, Hierarchie und gewaltverherrlichende Ideologien des männlich dominierten Systems zu wehren, durchdringt der Kampf der DÖKH jede Ebene der Gesellschaft, wie die soziale, politische, legale, ökonomische, kulturelle, etc.

ORGANISATIONSSTRUKTUR

Die DÖKH organisiert sich im Rahmen von Versammlungen ihrer Arbeitsbereiche, um ihre Projekte zusammenzubringen, effizienter zu werden und effektive Ergebnisse zu erzielen.

Der ideologische Arbeitsbereich versucht, für die Mitglieder und Aktivistinnen der DÖKH eine intellektuelle Basis der Frauenbefreiungsbewegung zu schaffen und eine Ideologie der Frauenbefreiung zu entwickeln.

Der politische Arbeitsbereich arbeitet dafür, die Politik aus ihrem männlichen Charakter zu lösen, und daran, Frauen zu befähigen, in der Politik etwas zu erreichen, indem sichergestellt ist, dass Frauen im politischen Bereich organisiert sind und aktiver einbezogen werden.

Der Bereich Soziales kämpft auf der einen Seite gegen alle Probleme und dabei an erster Stelle gegen Gewalt, die Frauen in ihrem sozialen Leben erleben und auf der anderen Seite für eine egalitäre, liberale und demokratische Gesellschaft.

Der Bereich Junge Frauen arbeitet dafür, dass junge Frauen eine Frauenperspektive entwickeln und sich mit der Frauenbefreiungsideologie beschäftigen und entsprechend organisieren.

Die lokalen Frauenversammlungen: Der wichtigste Arbeitsbereich der Versammlungen besteht darin, eigene organisatorische Strukturen für Frauen zu erschaffen und ihre aktive Teilhabe in den Parlamenten zu fördern. Sie setzt sich dafür ein, dass Frauen an dem Prozess lokaler Entscheidungsfindungen teilhaben.

DIE GRUNDLEGENDEN BEREICHE DES KAMPFES:

GEWALT
  • Die DÖKH versteht physische, psychologische, wirtschaftliche und kulturelle Gewalt gegen Frauen als ein Produkt der Ungleichheit der Geschlechter. Sie kämpft für die Gleichheit der Geschlechter.
  • Sie übt Druck auf die Gesetzgebung aus, um notwendige legale Möglichkeiten zu schaffen, welche den Verbrechen im Namen der Ehre vorbeugen und sie sorgt für deren längst überfällige Anwendung.
  • Sie kämpft für die Abschaffung repressiver Traditionen wie erzwungener Mehrehe, Brautgeld, Berdel [kurdisches Wort dafür, dass eine in den meisten Fällen arme Familie eine ihrer Töchter der Familie „gibt“, deren Tochter sie wiederum mit einem ihrer Söhne verheiraten möchte, Anm. d. Ü.] und arrangierter Ehen.
  • Sie räumt dem Kampf gegen Inzest, Vergewaltigung, Verbrechen im Namen der Ehre und Prostitution eine besondere Rolle ein.
ARMUT
  • Die DÖKH definiert als Hauptursache der Armut, die ungerechte Verteilung des nationalen und globalen Einkommens sowie anderer sozialer und globaler Ressourcen.
  • Die DÖKH erachtet Entwicklung und das Problem der sozialen Ungerechtigkeit als ein politisches Problem. Die DÖKH betont, dass während Armut und Ungerechtigkeit einen exorbitanten Effekt auf Frauen haben, diese nicht lediglich ein Frauenproblem darstellen, sondern ein Problem der Demokratie sind. Sie arbeitet für die Veränderung des ungleichen Kräfteverhältnisses zwischen Frauen und Männern.
  • Die DÖKH versteht Frauenarmut als ein Ergebnis der Unsichtbarkeit ihrer unbezahlten Arbeit, problematischer Arbeitsbedingungen bezahlter Arbeit im informellen Sektor und der geschlechtsspezifischen Diskriminierung, aufgrund sozialer und kultureller Normen.
  • Alle Bereiche der DÖKH machen Druck in Richtung einer allgemeinen und umfassenden Veränderung in der Sozial- und Wirtschaftspolitik und entwickeln und implementieren konkrete Aktionspläne für Frauen, damit sie sich von der Last der Armut emanzipieren.
  • Die DÖKH setzt sich für geschlechtsspezifische Budgetierung auf lokaler und nationaler Ebene ein, um abzusichern, dass die Ressourcenzuwendung auch Frauenentwicklungsprogrammen zukommt.

ARBEIT
  • Die DÖKH schreibt der gleichen Bezahlung für gleiche oder äquivalent geleistete Arbeit von Frauen und Männern fundamentale Wichtigkeit zu. Sie kämpft dafür, dass Frauen die gleichen Rechte bei der Einstellung, Berufsausbildung, Beförderung und Arbeitsbedingungen eingeräumt werden wie den Männern.
  • Die DÖKH kämpft für die notwendigen gesetzlichen Maßnahmen, um die häusliche Arbeit der Frauen sichtbar zu machen und ihren Marktwert anzugleichen.
  • Die DÖKH baut Frauenorganisationen (Frauenkooperativen) auf, damit Frauen effektiver am Arbeitsmarkt teilhaben können und damit ihre Beschäftigungsmöglichkeiten steigen. Sie bietet Ausbildungs- und bewusstseinsbildende Programme an.
  • Die Arbeiter_innen im informellen Sektor (kleine Produktionsstätten, Hausarbeit, Gelegenheitsjobs, Kinderbetreuung, Reinigung von Arbeitsplätzen) und der Landwirtschaft sind die meisten Frauen und Kinder. Die DÖKH übt Druck auf die Exekutive aus, Schutzgesetze zu schaffen, um den informellen Status dieser Bereiche zu verändern, so dass die Arbeiter_innen ein Recht auf Sozialversicherung erlangen. Auch geht es um eine Veränderung der Politik hinsichtlich dieser Sektoren.
  • Die DÖKH arbeitet für einen Wandel der Arbeitnehmerinnenrechte hinsichtlich Ehe, Schwangerschaft und Geburt, aufgrund dessen Frauen diskriminiert werden.

MIGRATION
  • Die DÖKH kämpft gegen die Zwangsmigrationspolitik des Staates, welche von der militaristischen Staats-Rationale in dieser Region implementiert wurde. Sie übt Druck auf die staatlichen Autoritäten aus, damit den Binnenvertriebenen Entschädigungen und Ausgleich geboten werden, wie ein notwendiger legaler Rahmen für Rückkehr, die sichere Rückkehr für diejenigen, welche in ihre Dörfer zurückkehren möchten und die vorbehaltslose materielle und immaterielle Entschädigung für die Betroffenen.
  • Die DÖKH arbeitet an der Entwicklung einer Sozialpolitik und von Programmen, welche sich den wirtschaftlichen, sozialen, gesetzlichen, kulturellen und psychologischen Problemen widmen, die binnenvertriebenen Frauen und Kindern an ihren neuen Orten erleben.

GESETZE
  • Die DÖKH erkennt die universelle Erklärung der Menschenrechte, die Konvention zur Beseitigung jeglicher Form von Diskriminierung gegen Frauen (CEDAW) und die Pekin+5 Dokumente als verbindlich an. Und sie kämpft für die Aufnahme der von der Türkei unterschriebenen Dokumente ins nationale Recht.
  • Die DÖKH setzt sich für die Veränderung der Abschnitte in allen Gesetzen, Regularien und in der Rechtsprechung ein, welche Frauen diskriminieren. Die DÖKH arbeitet dafür, dass Fraueninitiativen in Entscheidungs- und Implementierungsprozesse bezüglich dieser Angelegenheiten einbezogen und dass diese Gesetze Frauen bekannt und zugänglich gemacht werden.
  • Die DÖKH bietet Frauen, deren Rechte in irgendeinem Lebensbereich verletzt werden, kostenlose Rechtsberatung und Unterstützung.

REPRÄSENTATION
  • Ausgehend davon, dass es keine wirkliche Demokratie geben kann, ohne dass Frauen darin repräsentiert sind, zielt die DÖKH darauf ab, Geschlechterquoten in allen Bereichen zu fördern und die Teilnahme der Frauen zu steigern. Und sie tritt für eine aktive und weitreichende Einbeziehung von Frauen in Entscheidungsprozesse ein.
  • Die DÖKH erachtet das Prinzip der positiven Diskriminierung als ihr grundlegendes Prinzip, bis die Gleichberechtigung von Frauen und Männern erreicht ist. Sie kämpft gegen alle Versuche, die Willenskraft von Frauen zu unterdrücken und setzt sich für die Versuche von Frauen ein, ihren Willen bekannt zu machen. Die DÖKH organisiert Frauen auf Grundlage dieser Perspektive und setzt sich für sie ein.

MEDIEN
  • Die DÖKH definiert die gegenwärtigen Medien als eine der Hauptkomponenten des männlich dominierten Systems. Sie bekämpft die Wahrnehmung von Frauenkörpern als Ware und die Reproduktion der Gewalt gegen Frauen und Geschlechterdiskriminierung durch Medien.
  • Die DÖKH ist dabei ein Medien-Netzwerk zu entwickeln, das aus Sicht einer Frauenperspektive arbeitet, solidarisch ist und einen Informationsaustausch unter Frauenorganisationen ermöglicht, forscht und Wissen über Frauenliteratur und -erfahrung vermittelt, wie z.B. über die Geschichte der Frauen.

FREIHEITSBEWEGUNG
  • Die DÖKH betrachtet die Freiheitsbewegung, die für friedliche und sichere Lebensbedingungen kämpft, als einen Teil des Frauenkampfes und diese Perspektive ist Teil ihrer Arbeit.
  • Die DÖKH betrachtet das Ende des nicht offiziell erklärten Krieges zwischen Männern und Frauen und eine Erreichung der Gleichberechtigung der Geschlechter in jeder Gesellschaftsschicht als Garantie für Frieden zwischen den Gesellschaften und in der Welt.
  • Die DÖKH kämpft gegen Kapitalismus, Militarismus, Aufrüstung und das Kriegssystem. Sie versteht Vielfalt als Reichtum und kämpft gegen Ausgrenzung.
  • Die DÖKH arbeitet gemeinschaftlich mit allen Stiftungen, Einrichtungen und Menschen zusammen, die sich für das Erreichen einer friedlichen, gerechten und rechtmäßigen Lösung für bewaffnete und unbewaffnete Konflikte zwischen Gesellschaften und Ländern einsetzen.

BILDUNG
  • Die DÖKH betrachtet muttersprachliche Bildung als ein verfassungsmäßiges Recht und kämpft für die verfassungsmäßige Anerkennung dieses Grundrechts.
  • Die DÖKH arbeitet daran in der Bildung in allen Denkansätzen, Methodologien und in allem Wissen geschlechtspezifische Diskriminierung zu beseitigen.
  • Die DÖKH hat zum Ziel, alle Mechanismen zu beseitigen, welche Frauen den Zugang zur freien Produktion und zu Informationen verhindern und fördert das Equal-Outcome-Prinzip in der Bildung.
  • Die DÖKH entwickelt Bildungspolitik und -programme, welche das Patriarchat hinterfragen in Bereichen wie der Wirtschaft, Politik, Philosophie, Wissenschaft, Kunst, Geschichte, Familie, Religion, Gesetz, Kultur, Technologie, Medien, etc. um das Bewusstsein und die Kompentenzen von Frauen zu stärken.

GESUNDHEIT
  • Die DÖKH arbeitet für den Wandel der männlich dominierten Herangehensweise in der Gesundheitspolitik und für die entsprechenden Implementierungen. Sie fördert das Teilen von Wissen und die Entwicklung und Implementierung einer Gesundheitspolitik, welche Frauen einen freien Zugang zu umfassender, qualifizierter, kostenloser Gesundheitsbildung, -information und -service ermöglicht.
  • Die DÖKH arbeitet für den Schutz der Mutter- und Kind-Rechte, für die Anerkennung von Kindererziehung und Kinderbetreuung als staatliche Aufgabe und für Vorsorgemaßnahmen für die Gesundheit der arbeitenden Mütter und ihrer Kinder. Sie setzt sich dafür ein, dass Frauen bezahlt werden und ihren Beschäftigungsstatus während der Schwangerschaft und Mutterschaft behalten.